Was heisst eigentlich Entsäuern?
Heute möchten wir Ihnen 2 Verfahren zur Massenentsäuerung
vorstellen.
Als Grundlage zu diesem Thema diente uns das „Merkblatt
Säurezerfall
von Papier
“ der
Fa. Schempp.
Mehr zu den Ursachen des Säurezerfalls
finden Sie unter „Was
heißt eigentlich? Säurefrei“.
Papierzerfall
Solange die Blätter als solche noch zusammenhalten, besteht
die Möglichkeit, sie zu erhalten. Dazu ist es zuerst notwendig,
sie zu entsäuern und – wenn möglich – die
Papierfasern neu zu festigen. Das ist relativ einfach für einzelne
Blätter bzw. geringe Mengen sauren Papiers zu machen: Nassentsäuerung
im Tauchbecken oder mit dem Sprühverfahren, Einbringen einer
alkalischen Reserve, Nachleimen. Reicht das nicht aus, kann das
Papier gespalten und mit einem neuen Kern versehen werden. Alle
diese Methoden sind aufwendig und deshalb für eine massenhafte
Bearbeitung weder technologisch geeignet noch finanzierbar.
Verfahren
Inzwischen gibt es mehrere Verfahren zur Massenentsäuerung
von Papier, die sehr unterschiedlich sind und deren Wirkung teilweise
fraglich ist. Dies gilt vor allem für trockene Verfahren, bei
denen pulverförmige Substanzen in die Bücher oder über
die Blätter geblasen werden.
Eine nachweisbare Wirkung (deutliche Erhöhung des pH-Wertes
im Papier – und nicht nur an dessen Oberfläche – sowie
Einbau einer langfristig wirksamen alkalischen Reserve) konnte bisher
vor allem bei solchen Verfahren nachgewiesen werden, bei denen die
zu entsäuernden Objekte vollständig in ein flüssiges
oder aerosolförmiges Entsäuerungsmedium eingetaucht werden.
Dazu gehören die beiden Verfahren, die mit flüssigen Medien
arbeiten:
1. Das von der – nicht mehr bestehenden – Battelle
Ingenieurtechnik GmbH ent-wickelte „Papersave“ -Verfahren
zur Massenentsäuerung von Papier verwendet ein nichtwässriges
Medium. Hierdurch wird ein Aufquellen des Papiers vermieden,
was das Verfahren für die Entsäuerung gebundener Objekte
wie Bücher, Zeitungsbände, gebundene oder geheftete Akten
usw. befähigt. Darauf ist es auch verfahrentechnisch ausgelegt.
Die Objekte werden in Körbe eingestellt und kommen so in eine
Behandlungskammer, in der sie vorgetrocknet, mit dem
Entsäuerungsmedium
geflutet und abschließend wieder getrocknet werden. Auf den
heutigen Stand seiner Entwicklung bezogen kann es mit
wenigen Einschränkungen
als gut geeignet für Bücher und Zeitungen eingeschätzt
werden. Die Entsäuerung von Aktenschriftgut kann dagegen problematisch
sein: Akten sind inhomogen aufgebaut, d.h. in einem
Konvolut können
viele verschiedene Sorten Papier zusammengeheftet sein,
auf denen wiederum mit den unterschiedlichsten Beschreibstoffen
geschrieben,
gedruckt, kopiert oder gestempelt wurde. So kann nicht
ausgeschlossen werden, dass Kombinationen auftreten,
bei denen bestimmte Tinten, Stempelfarben, Kugelschreiberpaste und
andere Schreibstoffe verlaufen
können.
Es gibt eine Reihe von Kriterien, die Objekte von der
Massenentsäuerung
mit diesem Verfahren ausschließen. Während es bei Büchern überschaubar
erscheint, nach diesen Kriterien zu selektieren und
so Folgeschäden
weitgehend ausgeschlossen werden können (ungeeignet sind v.a.
Bände mit Leder- und Pergamenteinband und rote Gewebeeinbände),
ist das bei Aktenschriftgut schwieriger. Insgesamt ist
die Farbe Rot problematisch und neigt zum Ausbluten, sei es als
Einband- oder
Druckfarbe, Stempelfarbe oder Tinte, sogar Rotstift
ist betroffen. Da ganze Bücher im geschlossenen Zustand behandelt
werden, ist eine Stabilisierung der Blätter, z.B. durch Einbringen
von Leim, nicht möglich.
2. Das von der Neschen AG entwickelte „Bückeburger
Verfahren“ verwendet
ein wässriges Medium und ist verfahrenstechnisch auf die
Einzelblattbehandlung
ausgerichtet. Die Blätter werden nacheinander durch ein
oder
mehrere (abhängig vom Typ der Entsäuerungsanlage)
Entsäuerungsbäder
geführt und dann getrocknet. Um die hierbei zwangsläufig
entstehenden Verwellungen zu reduzieren, werden die
Konvolute abschließend
noch gepresst. Anfänglich aufgetretene Probleme mit
verlaufenden
Farben o.ä. konnten weitgehend gelöst werden, so dass
jetzt kaum noch mit solchen Nebenwirkungen gerechnet
werden muss. Zu den entscheidenden Vorteilen gehört die
Möglichkeit,
das Papier nicht nur zu entsäuern und zu puffern, sondern
es
auch deutlich zu stabilisieren. Dieses Verfahren ist
insbesondere für Aktenschriftgut anwendbar.
Hervorhebenswert
ist die Möglichkeit,
Blätter, die nicht für die maschinelle Entsäuerung
geeignet sind, z.B. weil ein Foto aufgeklebt oder das
Blatt schon zu schwach ist, auszusondern und parallel zum
Entsäuerungsvorgang manuell zu behandeln. Außerdem werden
vor der Entsäuerung
Metallteile entfernt, größere Risse geschlossen und die
Akten foliiert.